«Paula»

Iris Heitzinger

* 1980 in Österreich, Choreografin, Tänzerin und Universitätslektorin. Besonderes Interesse an kollaborativen Prozessen u.a. mit Musiker*innen, Wissenschaftler*innen, Schauspieler*innen etc. Fokus auf einer Untersuchung des Begriffes Empathie, sowohl als menschlich-individuelle Haltung als auch politische Geste. Maßgebliche Elemente der Arbeit: Virtuosität im Feld der Live-Improvisation, Humor, Leichtigkeit und berührender Tiefgang.


www.irisheitzinger.com

Solo. 50 Minuten. Premiere: 11.+12. Oktober, tanz_house festival 14, ARGEkultur Salzburg

Kreation, Performance: Iris Heitzinger

Regie, Choreografie, künstlerische Leitung: Editta Braun

Komposition: Thierry Zaboitzeff, Bühne: Arturas Valudskis

Lichtdesign: Thomas Hinterberger, Dramaturgie: Gerda Poschmann-Reichenau

Inspirationsquellen: Marlene Haushofer: Die Wand (Hamburg 1968), Sten Nadolny: Ein Gott der Frechheit (München 1994)

«Paula» -  Technical Rider

«Paula». Gefangen in sich selbst.

Was bleibt übrig von einem Menschen, der gezwungen wird, ohne jegliche soziale Beziehungen zu leben? Inspiriert von zwei Büchern - Marlen Haushofers „Die Wand“ und Sten Nadolnys „Ein Gott der Frechheit“, schuf Editta Braun mit Bühnenbildner Arturas Valudskis und der Tänzerin Iris Heitzinger eine 45-minütige Choreografie, die tief eintaucht in die Welt absoluter Isolation. Es ist eine Dreiviertelstunde des Gefangenseins, gepaart mit einer ständigen Unruhe. Iris Heitzinger muss sich bewegen, muss laufen. So lange und so schnell, bis sie nicht mehr kann, bis die Lunge brennt, das Atmen schwer fällt und die Beine schmerzen. Aber sie kann nicht. Denn vor ihr, hinter ihr und zu ihrer Rechten und Linken hat sich eine Mauer aufgebaut. Egal wo sie ihre Füße hinsetzt - es geht nicht weiter. Sie stößt gegen eine kalte Wand aus Licht, sie bekommt Angst, Panik. Sie muss aus sich raus, muss sich selber fühlen, um zu wissen, dass sie existiert, dass sie lebt.

So könnte man die Performance interpretieren, wenn man beide Bücher nicht gelesen hat. Ich habe sie nicht gelesen. Ich bin wie gebannt vor diesem genialen Bühnenbild aus einer Alukiste, einem Kleiderbügel und undurchdringlich beengend angeordneten Drähten gesessen und habe Iris Heitzinger beim Kampf gegen die Einsamkeit zugesehen. Manchmal verzweifelt, manchmal siegessicher, manchmal traurig, dann wieder voller Wut - Editta Braun und Iris Heitzinger schöpfen alle Möglichkeiten des erzählenden Tanzes ebenso virtuos wie radikal aus. Akustisch wird man mit Stille und Thierry Zaboitzeffs Kompositionen durch den 5 mal 5 Meter kleinen Raum geleitet, betörend minimalistische Klangbilder, mit nur einem Bass eingespielt.

„Paula“ ist berührend und verstörend, und auch wenn in manchen Momenten ein Lachen im Raum schwebt, es ist ein trügerisches, eines, das im Halse stecken bleibt. Ein Stück, das noch lange in der Erinnerung der Menschen Bestand hat, die das Privileg hatten, es zu sehen. Ich war einer davon. (Leo Fellinger, Kunstbox Seekirchen)


Als Inspirationsquelle dienten zwei Romane: In Die Wand erzählt die gleichfalls aus Oberösterreich stammende Marlen Haushofer von einer Frau, die in der Einsamkeit der Berge, mitten unter Tieren, plötzlich ganz auf sich gestellt ist, abgeschnitten vom Rest der Welt – oder was davon noch übrig ist. An Sten Nadolnys Ein Gott der Frechheit faszinierte Editta Braun die Rolle des Metalls als Inbegriff der modernen Welt, Symbol der Inbesitznahme der Natur durch den Menschen. Von hier ausgehend, schaffen Editta Braun und Iris Heitzinger im von Arturas Valudskis geschaffenen Spiel-Raum, getragen von Thierry Zaboitzeffs Kompositionen, gemeinsam eine kleine Welt, in der erstaunlich viel Platz ist für Menschliches.