Unter dem Eindruck erschreckender Perspektiven des gentechnischen Fortschritts wird das preisgekrönte Kurzstück Lufus (Vorgänge, 1985) in rein weiblicher Besetzung weiterentwickelt. Ein Körperillusionstheater, das einzelne Gliedmaßen isoliert.

Körperillusionstheater. Entsteht 2001 in Salzburg. Premiere 18. Juli 2001, Sommerszene Festival, Kleines Theater Salzburg.


Touring 2001 - 2011

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Die vielleicht verrückteste und zugleich berührendste Vision der brave new world genmanipulierter Organismen, die als völliges Desaster Wirklichkeit zu werden droht. Choreographiert von Editta Braun, getanzt von fünf jungen Wilden der zeitgenössischen Tanzszene Österreichs.

Begleitet von Thierry Zaboitzeffs be(d)rückend coolen Grooves, zuckt, windet und mutiert ES sich ins verhängnisvolle Chaos. ES ist (fast) nackt, aber weit davon entfernt erotisch zu sein. Zwischendurch ein plötzlicher Lachreiz ob der komisch anmutenden Verwandlungen, der einem aber auch gleich wieder im Halse stecken bleibt ...



„ ... Run auf die Kasse! ... Österreichs derzeit wohl interessanteste Choreographin entführt mit "Luvos, vol. 2" in eine wahrhaft schöne, neue Welt. Wie von unsichtbarenWellen getrieben, lassen die fünf nackten, auf leuchtend rotem Sand liegenden und rollenden Tänzerinnen aus ihren Beinen neue Wesen wachsen ... Bleiche Krabbentiere, die alsbald seitwärts durch den Raum streben, sich finden, paaren und - neues Gewürm gebären, aus dem neue Wesen schlüpfen... Vision einer bei aller Schönheit und Erotik gefährlichen Kunstwelt, ein unheimliches (Gen)Manipulationsspiel, das nicht zuletzt durch die betörende Musik (von Thierry Zaboitzeff) und raffiniertes Lichtdesign (von Thomas Hinterberger) tief unter die Haut geht.”

Neue Kronenzeitung, Andrea Hein


Körperkunst auf roten Würfeln

“Den fünf Tänzerinnen der Editta Braun Company aus Österreich gelang es, ihre Gliedmaßen in einen neuen, scheinbar vom Körper völlig losgelösten Kontext zu setzen. Radikal in der Weise, eindringlich in der Optik.

Winzige Würfel aus Schaumstoff liegen zu tausenden auf der Bühne, angeschüttet zu kleinen grellroten Häuflein. Ein angewinkeltes Bein ragt aus einem dieser Hügel heraus, es wirkt, also ob eine Spargelspitze das Erdreich durchstößt. Doch es ist nichts Pflanzliches, was sich dort den Weg an die Oberfläche bahnt. Es ist eine Kreatur, die zuckend und zappelnd erwacht. Oder den roten Würfeln entschlüpft. Fünf dieser grotesken Wesen kriechen schließlich über die Bühne. Sie winden, wälzen und wühlen im roten Grund. Sie tun dies meist allein, isoliert in einem stumpfen Sein niederer Tiere. Nur gesteuert von Instinkten treibt es sie zu- und aufeinander.

Dass es Menschen sind, junge Frauen, die fast nackt auf dem Bühnenboden liegend agieren, gerät völlig in den Hintergrund: Nur in wenigen Momenten wird das Geschehen als menschliches Handeln erkenntlich, hinter dem eine absolute körperliche Perfektion steht.

Indem sich die Tänzerinnen ausschließlich seitwärts auf der Bühne bewegen, erhalten sie die frontale Sicht für den Zuschauer. So ist es möglich, Beine und Arme vom Torso abgetrennt erscheinen zu lassen: Weibliche Ober- und Unterschenkel geraten im Bühnenlicht zu stacksigen Beinchen degenerierter Schalentiere. Arme und Hände werden zu Fühlern umfunktioniert. Untermalt wird das Geschehen auf von einem kalten, nahezu anti-melodiösen Sound, dessen biomorphes Geblubber die Niederungen dieser eigentümlich organischen Welt klanglich auslotet.

Editta Braun selbst gibt nach der Vorstellung einen Interpretationsansatz für ihre Choreografie: „Ich möchte damit auf die Gefahren der Genmanipulation aufmerksam machen”, sagt sie. Eine Idee, die sie aber niemandem aufzwingen möchte. Das Stück lässt eine Vielzahl von Assoziationen zu.

Für die Zuschauer im Opus ist der Besuch des Braunschen Mikrokosmos ein optisches Abenteuer mit vielschichtigen Empfindungen zwischen Ekel und Faszination. Letzter überwiegt allerdings definitiv. „Luvos vol. 2” ist mehr als Tanztheater im eigentlichen Sinne. Es ist Kunst. Körperkunst.

Anke Hoffmann, Hagen 2008

«Luvos, vol. 2»

Premiere: 18. Juli 2001, Sommerszene Festival, Kleines Theater Salzburg


Entsteht 2001 in Salzburg

dance, movement research: Ulrike Hager, Barbara Motschiunik, Sabile Rasiti (Anna Müller), Lisa Hinterreithner, Sandra Hofstötter

idea: Vorgänge

choreography: Editta Braun

original composition: Thierry Zaboitzeff

lightdesign: Thomas Hinterberger


filmed at szenefestival 01, Kleines Theater Salzburg, videoclip created by explosive egg

TRAILER, 5:56 Min.

DAS STÜCK IN SEINER VOLLEN LÄNGE, 53 Min.

«Luvos, vol. 2»

(2001), LUVOSmove®-Projekt